Letzte Aktualisierung 21. Juli 2022

Haben Sie das auch schon so zu hören bekommen? Beschleicht Sie dann auch ein Gefühl von Frust oder Traurigkeit? Oder macht Sie das wütend? Vermutlich wissen Sie selbst gut genug, dass es Ihnen gut tun würde mal loslassen zu können. Aber wie?

Ich selbst habe diesen Schalter zum Umlegen jahrelang vergeblich gesucht. Es gibt ihn nicht! Ganz einfach nach dem Motto: „Hey – ab heute werde ich einfach mal loslassen!“

Wovon würden Sie gerne loslassen?

  • Von einem Menschen?
  • Von Ihrem Arbeitsplatz?
  • Von einem Gefühl? – Trauer, Schmerz, Frust, Wut, Neid, …?
  • Von Gedanken, die Ihnen unaufhörlich im Kopf rum rasen?
  • Von Ängsten?
  • Von Sorgen?
  • Von innerem Druck?

Was hält Sie fest?

Loslassen lernen ist ein Prozess. Wenn Sie sich der Sache, die Ihnen in irgendeiner Weise inneren Druck macht, bewusstgeworden sind – und zwar wirklich bewusstgeworden sind – dann ist das der erste Schritt zur Veränderung.

Es gibt so viele Dinge – und zwar in Ihren unterschiedlichsten Lebensbereichen – die Ihnen auf die Dauer echten Stress bereiten. Manchen Dingen sind Sie sich bestimmt bewusst, doch es gibt auch viele „Nebenschauplätze“, die Sie möglicherweise gar nicht wahrnehmen.

Zwei Tage vor Heilig Abend schrieb mir eine Klientin „… jetzt ist meine Vorweihnachtswoche doch noch in Stress ausgeartet. Den größten Stress habe ich mir wieder selbst gemacht.“

In vielen Lebensbereichen ist unser Stress „hausgemacht“.
In jungen Jahren fühlte ich mich immer gestresst. Ich erinnere mich an die Zeit, in der ich in das Burnout glitt:

Ich bin nach 3 Jahren im pfälzischen Exil ;-) zurück ins Saarland gezogen. Zwischenzeitlich sind alle meine Freunde weggezogen. Meine erste Arbeitsstelle war der Horror, dort bin ich nach der Probezeit geflüchtet. Ich habe übergangslos einen neuen Job angetreten – in der Altenpflege. Das war genau DAS, was ich NIEMALS machen wollte. Ich war Kinderkrankenschwester. Aber, ich mache ja keine halben Sachen! Wer A sagt, muss auch B sagen. Die Menschen, die ich betreute, konnten schließlich nichts dafür, dass ich gerade keine Stelle in einer Kinderklinik gefunden habe. Also: Augen zu und durch. Aber: Mit ganzem Herzen, denn die Menschen waren mir sehr wichtig.
Mit den Problemen in diesen Monaten fühlte ich mich permanent alleine. Außerdem war ich sehr unglücklich verliebt. Das Gefühl der Einsamkeit wuchs.

Ich stürzte mich voller Elan in die Arbeit – zuhause war ich ja eh nur allein. Drei Monate später war ich stellvertretende Pflegedienstleitung. Mein Eifer war gepackt und ich wuchs an meinen Anforderungen. Ich gab alles. Ich war begeistert, motiviert, die Arbeit machte mir Spaß. Ich konnte meinen Qualitätsgedanken voll ausleben. Meine Chefin und die Kunden dankten es mir täglich und ich arbeitete und arbeitete. Auch nach Feierabend war ich für Chefin und Mitarbeiter jederzeit telefonisch erreichbar und wenn es einen Notfall gab, stand ich parat.

Ich fühlte mich sehr bald „fix und fertig“, sagte mir aber stets „stell dich nicht so an Sandra!“

Es folgte der Zusammenbruch.
Das ist nächsten Monat 16 Jahre her. Seitdem habe ich viel über mich selbst gelernt.

Heute weiß ich, dass mich mein Perfektionismus angetrieben hat und ich zusätzlich die Glaubenssätze in mir trug „du musst“, „stell dich nicht so an“, „bleib stark“, „wer A sagt muss auch B sagen“.

Auch wenn wir als erwachsener Mensch rational denken können, und abwägen können ob wir etwas tun oder nicht tun, werden wir aber auch von unserem Unterbewusstsein beeinflusst und gelenkt.

In unserer Kindheit wurden wir auf unterschiedliche Weise geprägt. Unsere Eltern haben uns Gebote, Verbote, Prinzipien und Regeln mit auf den Weg gegeben, die wir zum Teil noch als Erwachsene, unbewusst befolgen.

Teilweise sind die Botschaften unterstützend, wenn Sie zum Beispiel hören

  • „nimm dir Zeit“
  • „das ist machbar“
  • „ein gewisses Maß an Ordnung hilft dir“

Andere Botschaften engten jedoch ein oder belasten Sie:

  • „nur wer hart arbeitet, hat Erfolg“
  • „so sehr du dich auch anstrengst, es geht noch besser“
  • „du musst dein Bestes geben“

Jeder von uns hat da seine ganz eigenen Formulierungen und persönlichen Forderungen (an sich selbst) und diese beeinflussen Sie stetig in Ihrem Handeln und Ihrem Tun. Manche sind förderlich, andere setzen Sie unter Druck, wenn Sie diese immer weiter befolgen – ohne, dass es Ihnen wirklich bewusst ist.

Man hat bis jetzt fünf von diesen grundlegenden „elterlichen“ Forderungen, die sogenannten „Antreiber“, gefunden:

  • Sei perfekt
  • Beeil dich – oder auch – Mach schnell!
  • Bemüh dich – oder auch – Streng dich an!
  • Sei nett – oder auch – Mach es allen Recht!
  • Sei stark

Achtung! Antreiber sind keine Charaktereigenschaften!
Und das bedeutet, wir können sie auch wieder abschalten! Wie jetzt? Also doch einfach abschalten? Ja – nur eben nicht einfach ;-)

Antreiber sind Verhaltensmuster. Verhaltensmuster aktivieren wir dann, wenn wir uns in irgendeiner Weise nicht „o.k.“ fühlen.

  • Wenn Sie den Antreiber „beeil dich“ innehabe, dann glauben Sie z. B. in Stresssituationen, wenn Sie sich nur ordentlich beeilen, dann wird alles wieder gut!
  • Wenn Sie den Antreiber „sei perfekt“ innehaben, dann muss nahezu alles was sie angehen „perfekt sein“. Sie fühlen sich innerlich gestresst, wenn Sie unter Zeitdruck eine Arbeit abliefern sollen, die nach Ihren Anforderungen so nicht gut genug ist. Nur 100 % sind gut – mindestens. Und dann sind auch Sie gut.
  • Mit dem Antreiber „bemüh dich“, strengen Sie sich immerzu unglaublich an um ein Ergebnis zu erzielen. Nur dann sind Sie gut.

Die Folge ist zum Beispiel, dass Sie Fehler produzieren, dass Sie hektisch werden, die Fehler ausmerzen kostet wieder zusätzlich Zeit die nicht eingeplant war und auch das macht wieder Stress. Die Hektik wird größer, es passieren noch mehr Fehler… und schon sind Sie mitten in einem Teufelskreis. Im Hamsterrad oder auf der Achterbahn.

Sie fühlen sich ständig unzureichend, weil Sie den Anforderungen – die Sie an sich selbst stellen –nicht gerecht werden. Sie fühlen sich niedergeschlagen oder sind wütend. Und um dieses unangenehme Gefühl zu vermeiden, müssen Sie sich beim nächsten Problem eben noch mehr anstrengen, noch perfekter sein, noch schneller sein oder noch liebenswürdiger…

Diesen Teufelskreis können Sie unterbrechen!

Und nein – es lässt sich natürlich nicht einfach abstellen oder den Schalter umlegen. Was lange Zeit verinnerlicht ist, lässt sich nicht von heute auf morgen abstellen, nur weil es Ihnen bewusst geworden ist.

Sie können die Antreiber durch einen Erlauber ersetzen.

Zum Beispiel:

  • Statt immer perfekt zu sein, erlaube ich mir, kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn einmal ein Fehler passiert ist. Niemand kann perfekt sein.
  • Statt es immer allen recht zu machen, erlaube ich mir, auch mal „nein“ zu sagen.
  • Statt immer stark zu sein, darf ich auch mal traurig sein.
  • Statt immer der Schnellste sein zu müssen, darf ich mir auch mal Zeit nehmen und etwas auf meine Weise tun.

Einen Antreiber, von heute auf morgen, durch einen Erlauber zu ersetzen ist nicht ganz einfach. Antreiber verbinden uns emotional mit unseren Eltern oder anderen Bezugspersonen. Sagen Sie mal einem „gnadenlosen“ Perfektionisten „Lass doch mal 5 gerade sein!“… möglicherweise wird er oder sie ziemlich sauer werden oder für Ihr Empfinden unangemessen reagieren.

Solche verinnerlichten Glaubenssätze zu verabschieden, erfolgt nicht durch reine Willenskraft, denn unbewusst stellen Sie damit auch die Beziehung zu Ihrer Bezugsperson in Frage.

Aus diesem Grund ist eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema notwendig.

Stellen Sie sich die Fragen:

  • Inwieweit will ich die Botschaften meiner Eltern auch noch als erwachsener Mensch akzeptieren?
  • Wo sind eventuell Änderungen notwendig?
  • Welche Vor- und Nachteile bringt mir dieser Antreiber (wir tragen jedoch nicht nur einen in uns)
  • Kann ich mit den Nachteilen (z. B. Schuldgefühle, schlechtes Gewissen, etc.) leben?
  • Welche Antreiber will ich ganz über Bord werfen?

LoslassenMit dieser eingehenden Auseinandersetzung und letztlich dem Setzen der (für Sie passenden) Erlauber, werden Sie sich bewusst, welche Normen und Regeln Sie belasten und einengen. Sie können kritisch überprüfen, inwiefern diese überhaupt sinnvoll sind um letztlich das eigene Verhalten zu verändern, für das SIE SELBST die Verantwortung übernehmen.

Was mich angeht, habe ich mir mit meinen Antreibern „sei perfekt“, „sei stark“ und „sei nett“ schon viel Stress in meinem Leben eingebrockt. Seitdem ich mich intensiv mit den Dreien auseinandergesetzt habe, merke ich, wenn Sie sich „einschalten“. Ich spüre es, wenn mein Kopf rotiert und mein Körper an bekannten Stellen meckert. Dann höre ich in mich hinein und frage mich freundlich

  • Ist das jetzt notwendig?
  • Was kann schlimmstenfalls passieren, wenn ich das jetzt nicht tu oder anders mache?
  • Was hilft mir jetzt?
  • Was brauche ich jetzt?

Außerdem hängen an einer für mich gut sichtbaren Stelle 3 Karten, auf denen ich mir meine Erlauber notiert habe. Wenn ich innerlich Stress spüre, schaue ich gerne auch auf diese Karten und finde darauf immer den passenden Satz, der gerade für diesen Moment wichtig ist. Anfangs habe ich mich auch mal geärgert, weil „Mr. Perfekti“ schon wieder zugeschlagen hat. Ich war enttäuscht und auch wütend. Heute ist das anders. Heute muss ich in den allermeisten Fällen lächeln und erlaube mir dann, mich so zu verhalten, wie es mir guttut. LOSLASSEN. Funktioniert.

Im Übrigen ist es richtig spannend, dieses LOSLASSEN LERNEN. Mir sind, seitdem ich „Mr. Perfekti“ öfter mal loslasse, schon ganz komische Dinge passiert.

Eine Anekdote gefällig?

Da ich nicht zum x-ten Male die Uhrzeit meiner Verabredung kontrolliert habe (kontrollierendes Verhalten ist typisch beim „sei perfekt Antreiber“), ist es mir passiert, dass ein Kunde vor meinem Haus vorfuhr – ich sah es zufällig am Fenster, blickte an mir herunter und stellte fest: „Sch***! Ich bin noch im Schlafanzug!“ So schnell, wie in diesem Moment, war ich noch nicht in meinen Klamotten, und „zurecht gemacht“ schon gar nicht (mitunter ganz gut fürs Selbstbewusstsein ;-) ) Angezogen und fröhlich öffnete ich die Tür und sagte mir in dem Moment „Alles ist gut Sandra!“

Nun – was soll ich sagen… es war ein fantastisches Meeting und schon am Mittag konnte ich herzlich darüber lachen.

Loslassen macht frei. Loslassen bringt Sie zu Ihrer Lebensfreude. Loslassen lohnt sich.

Auch Sie können Loslassen lernen und damit einen Faktor Ihres Stresses minimieren. Wenn Sie möchten, helfe ich Ihnen dabei.

Herzliche Grüße

Ihre
Sandra Liane Braun

PS:
Dieser Artikel entstand aufgrund der Einladung meiner Kollegin Silke Steigerwald, an Ihrer Blogparade zum Thema LOSLASSEN, teilzunehmen. In den Kommentaren, unter Silkes Artikel, finden Sie noch weitere, spannende Blickwinkel zum Loslassen von anderen Menschen.

PPS: Wenn Sie sich Hilfe auf Ihrem Weg wünschen, tragen Sie sich gerne ein für ein kostenloses Klarheitsgespräch.